Gefangen in einem ewigen Zauber
wandel ich durch die Zeit.
Blind und gehörlos streiche ich wie ein Tauber
ziellos durch die Einsamkeit.
Ein Fluch, er hält mich gefangen
in einem endlosen Garten.
Ruhelos wander ich und mit zartem Bangen
hab ich mein Schicksal zu erwarten.
Einst hat ein Sturm mich hergetragen,
mit all seiner zauberhaften Macht.
Wie es geschah ich kann’s nicht sagen.
Ich weiß nur es war nicht Tag, noch war es Nacht.
Rot war der Himmel, rot wie Blut
und die Luft war süß und schwer.
Die Engel schickten ihre Tränenflut
zu mir und meinem Trauermeer.
Dann kam er, der Herr der Lüfte
und trug mich mit sich fort.
Wir flogen über Tal und Klüfte
zu diesem schaurig schönen Ort.
Hier ist er gegangen,
er ließ mich nackt zurück.
Nun hält mich sein Fluch gefangen
und treibt sein Spiel mit meinem Glück.
Meine Gedanken schwimmen
in einem endlosen, schwarzen Fluss.
Meine Seele muss den höchsten Berg erklimmen
und wartet auf den erlösenden Kuss.
Der Garten, er wird zu einem Labyrinth.
Ich irre umher ohne Ziel und Verstand
den Ausgang suchend wie ein kleines Kind.
Doch niemand reicht mir seine gütige Hand.
Die Sonne kommt und geht
und der Mond steht stumm und rund.
Meine Hände umfassen sich im Gebet
flehen mit stummem Mund.
Ein Flüstern rauscht durch stille Bäume
und dringt an mein taubes Ohr.
Sind es Rufe, sind es Träume?
Ist es gar ein Engelschor?
„Knospe, Blüte, Blatt und Frucht
tragen des Baumes Leben.
Liebe, Leid, Chaos und Zucht
können dir das deine geben.“
Meine Gedanken ruhn, sie schweigen,
liegen auf des Flusses Grund.
Meine Seele hört auf zu steigen
sie tut meinem Herz die Botschaft kund.
Doch kaum hat es dies vernommen
sind die Gedanken fortgeflossen.
Die Seele hat den Berg erklommen
und ihn mit Meeressalz begossen.
Bebend formen meine Lippen
ein Gebet mit leichtem Schmerz.
Ein Sprung von scharfen Klippen
die Antwort, mitten in mein Herz.
„Liebe, Leid, Chaos und Zucht
tragen dein kleines Leben.
Knospe, Blüte, Blatt und Frucht
werden dem Baum das seine geben.“
Meine Seele übersät mit tausend Wunden
will den Schmerz nicht überleben.
Doch der Sturm hat sie gefunden
will ihr den Kuss nun geben.
Angst schüttelt mich mit kalter Macht
grausam wird der Kuss wohl sein.
Schon umhüllt mich grauschwarze Nacht
dringt bis in mein Herz hinein.
Meine Sinne, wie sie schwinden
in die tiefsten Sphären sinken
ohne Zaudern, ohne Winden
in tosenden Wellen ertrinken.
Bald erwachen meine Geister
sehen nun den Morgen schon.
Geflüsterte Worte vom himmlischen Meister
vibrieren als ein warmer Ton.
„An Knospe, Blüte und an Frucht
kannst du dich laben.
Liebe, Chaos, Leid und Zucht
sind allein nicht meine Gaben.“
Endlich dringen jene Worte
bis in mein Herz hinein.
Erreichen auch die verborgenen Orte
meines rätselhaften Sein.
Betend schließt sich meine Hand
ruft dankend nun ans Firmament.
Das Kind, das jetzt den Ausgang fand
scheut länger nicht das Tor, das brennt.
Alle Furcht ist nun verschwunden
flieht in jene Dunkelheit,
die ich nun nicht mehr muss erkunden
in zielloser, grausamer Einsamkeit.
Gefangen in einem ewigen Zauber
wandel ich durch die Zeit.
Erlöst als Blinder und Tauber
suche ich meinen Weg in die Heiterkeit.
© Ricarda Righetti