Ruhe. Erhabene weise Ruhe. Das fühlte ich, als ich am Fuße der Säulen des Pantheons in Rom saß. Die Hand am kühlen Stein, den Blick nach oben gerichtet kam ich mir so unglaublich winzig vor und gleichzeitig war ich so glücklich, ein Teil des Lebens sein zu dürfen. Es war quasi das gefühlte magische Dasein des Lebens, in diesem einen, so unendlich erscheinenden und leider doch so kurzen Moment. Das war am Freitag, dem zweiten Tag meiner so lang ersehnten und nun endlich durchgeführten Romreise. Es war nun schon mein vierter Besuch in der Ewigen Stadt – diesmal in Begleitung meines liebsten Goldhamsters.
Camera Duecentocinque (Zimmer 205)
Wir kamen am Donnerstag sehr spät am Abend in Rom an. Müde und mental noch nicht ganz gelandet, kämpften wir uns zum Shuttlezug durch, der uns vom Flughafen Fiumicino nach Termini, dem Zentralbahnhof bringen sollte. Von dort aus ging es zu Fuß zum Hotel weiter, das wir nur durch das unschlagbare Kartenlesetalent meines Goldhamsters – für das ich noch sehr oft, sehr dankbar war – heil fanden. Der Weg dorthin war etwas gruselig, ist doch der Bezirk rund um Termini nicht gerade der Schönste. Während wir uns schon überfallen und bewusstlos im Straßengraben sahen und versuchten, die vielen Obdachlosen nicht zu wecken, standen wir auch schon vor dem Hotel „Principe di Piemonte“ und lagen wenig später, etwa gegen 1.00 Uhr in unserem Bett.
Il sole – Oder auch: Rom, Rom, Rom!
Nach einem – für meinen Geschmack – viel zu frühen Weckerklingeln und einem viel zu süßem italienischem Frühstück, machten wir uns am nächsten Morgen zu Fuß auf den Weg zur Metro. Bei strahlendem Sonnenschein entdeckten, wir, dass unser Viertel auch ganz niedliche Ecken hat und füllten am nächsten Brunnen gleich noch unsere Wasservorräte auf.
Trotz einer nicht enden wollenden Schlange vor dem Ticketautomaten, ergatterten wir schließlich (für 24 €) eine Wochenfahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel. Dann quetschten wir uns in die immer volle Line A (ich freute mich sofort tierisch über die Ansage „Uscita lato sinistra/destra“), fuhren bis Barberini, überlebten die ersten Erfahrungen mit römischen Zebrastreifen und kamen schließlich am Fontana di Trevi an.
Da standen wir nun und realisierten erst jetzt so richtig, dass wir in Rom waren. Tatsächlich und wahrhaftig in Rom. Vor dem Fontana di Trevi, diesem fast lächerlich perfekten wunderschönen Ungetüm von Brunnen, der rund um die Uhr mit Touristen bevölkert ist. Von letzteren ließen wir uns nicht abhalten, schlossen uns den Besucherpulk an und schossen unser erstes strahlendes Selfie.
Weiter ging es dann zur Spanischen Treppe, auf deren Stufen wir lange saßen, uns von römischer Sonnen bescheinen, von illegalen Händlern nerven und vom römischen Flair kitzeln ließen.
Irgendwann begann aber der Hintern zu schmerzen und somit ging es weiter die Treppe hoch, links oben an der Kirche vorbei, rein in den Park Borghese. Tickets für die Galleria Borghese, also die Villa waren bis zum nächsten Dienstag ausgebucht und somit schlenderten wir weiter, entdeckten unter anderem die „Fontana dei cavalli marini“ einen lustigen Brunnen mit vier Pferden, die Fischschwänze haben und machten schließlich im Café delle Arte neben der Galleria nazionale d’arte moderna halt. Immer noch im strahlenden Sonnenschein bestellten wir im feinsten (Stotter)Italienisch kleine Pizzen und auch wenn wir uns in T-Shirt und Jeans etwas fehl am Platz fühlten, genossen wir gut gelaunt die römische Sonne, die uns auch etwas Farbe bescherte.
Irgendwann rissen wir uns dann doch wieder los, liefen zum Piazza Navona, bestaunten dort eine Weile das Künstler- und Touristengemisch und gingen dann weiter zum Pantheon.
Das war leider so überfüllt, dass wir nur außen die Stimmung genießen konnten, aber das reichte aus, um mich endgültig ankommen zu lassen.
Hier setzte für einen Moment alles aus, die Welt hörte auf sich zu drehen und es gab nur mich und diesen furchtbar alten Stein. Ich war zurück, ich war in Rom!
Langsam verabschiedete sich die Sonne hinter den Häuserfronten und weil es dann doch etwas kühl wurde, machten wir uns mit dem Bus in Richtung Termini auf. Dort suchten und fanden wir einen Supermarkt und deckten uns mit Wasser, Pizza, Erdbeeren, Oliven und kleinen Puddingküchlein ein. Wieder zurück im Hotel veranstalteten wir ein gemütliches Picknick auf dem Bett und fielen dann gegen 21 Uhr endgültig in die Federn.
„Una birra di vino bianco, per favore“ – Oder wie hieß das noch mal?
Am Samstagmorgen standen wir wieder gegen 8.30 Uhr auf, frühstückten im Speisesaal (wobei in mir schon jetzt leise Sehnsucht nach meinem deutschen Frühstück mit Käse und Gemüse aufstieg) und machten uns dann auf den Weg zum Petersplatz. Aufgrund der ewig langen Schlange vor dem Dom, beschlossen wir für einen Besuch an einem anderen Tag noch mal wiederzukommen und genossen einmal mehr Piazza-Flair, das gerade dort eine so seltsame Mischung aus Massentourismus und Würde ist. Dabei entstand das zweite Selfie und die Sammlung an Fotos von Säulen vergrößerte sich. Anschließend gab es noch ein kleines Erfolgserlebnis: Ich wurde von zwei Italienern gefragt, ob ich ein Foto von ihnen schießen könnte und ich antwortete „Si certo!“, sehr froh, diese Phrase auch wirklich mal anwenden zu können. Daraufhin guckten sie ziemlich erleichtert und sagten, sie hätten nicht gewusst, ob ich Ausländerin oder Italienerin sei. Als ich dann wiederum sagte, dass ich aus Detschland kommen würde, lobten sie mein gutes Italienisch. Auch wenn diese Aussage gemessen an meinen zwei gesprochenen Sätzen etwas lächerlich schien, freute ich mich doch wie eine Schneekönigin.
Als wir uns dann einigermaßen an dem eigensinnigen Flair der Piazza sattgefühlt hatten, traten wir den Fußweg zur Engelsburg an. Dabei mussten wir – wie eigentlich ständig – viele illegale Verkäufer abwimmeln, die uns Tücher, Rosen und anderen Kram andrehen wollten. (Ich werde jetzt noch aggressiv wenn ich ein Quietschen höre und sehe vor meinem inneren Auge ein glibschiges Irgendwas mit Augen auf den Boden sausen.) Trotzdem kamen wir wohlbehalten an und stellten uns – nachdem wir den stolzen Preis von 10,50 € gezahlt hatten – den gefühlten 1 Millionen Stufen im Inneren der Burg. Die Haare bald vom immer stärkeren Wind völlig zerzaust, genossen wir die geniale Aussicht und nahmen auch kurz im Cafè der Engelsburg Platz. Allerdings waren wir nicht geduldig genug, um auf den schwer beschäftigten Kellner zu warten, stiegen somit alles Stufen wieder hinab und liefen über die Engelsbrücke Richtung Trastevere. Ich schoss natürlich noch jede Menge Bilder und wenn der Eintritt nicht so teuer gewesen wäre, hätte ich den Goldhamster wahrscheinlich angebettelt, sich den Stufen an einem anderen Tag noch mal zu stellen. So blieb es bei dieser einen Begehung und ich hatte zwei meiner allerliebsten Lieblingsplätze in Rom bereits gesehen: Pantheon und Engelsburg. Fehlte eigentlich nur noch der Petersdom von innen und ich wäre glücklich gewesen – dachte ich zumindest. Da wusste ich ja noch nicht, was die Stadt noch so für Schätze bereithalten würde.
Den ersten lernte ich gleich am selben Tag noch kennen: Trastevere. So ein bezaubernder Stadtteil voller winziger Gässchen (natürlich mit Wäscheleinen von Fenster zu Fenster) und kleinen Plätzen, auf denen man sich fühlt als wäre man in einem kleinen italienischen Dorf (oder zumindest einer Kleinstadt) und nicht mehr in der großen überfüllten Hauptstadt.
Allein die Piazza um die Kirche Santa Maria in Trastevere war ganz bezaubernd. Und auch die Kirche selber war wunderschön. Der Altarraum war wunderbar geschmückt mit einem großen Wandbildnis, das ein wenig an Orthodoxe Kirchen erinnerte. In der großen Stille konnten wir eine Auszeit von dem chaotischen Verkehr und den nervtötenden Händlern nehmen – um gleich danach in eine Touristenfalle zu tappen: Von allen Restaurants suchten wir uns wahrscheinlich mit Abstand das teuerste aus. Allein die Portion Tiramisu kostete für jeden 6 €, was wir natürlich erst hinterher auf der Rechnung sahen. Das kommt davon, wenn man sich vom –wirklich sehr ausgeprägten – Charme des Kellners einlullen lässt. Aber wir hatten ja Urlaub und man gönnt sich ja sonst nichts, nicht wahr! Abgesehen davon war das Essen auch wirklich sehr lecker. Meine Gnocchi quattro formaggi e tartufo waren purer Hochgenuss und auch die gemischte Bruschetta Platte konnte sich sehen lassen (Brie mit Birne sage ich nur!). Meinem lieben Goldhamster passierte bei der Bestellung auch noch ein lustiger Versprecher: Statt „un bicchiere“, also „ein Glas“ Weißwein, bestellte sie „una birra“, also „ein Bier“ Weißwein. Der Kellner verbesserte sie höflich mit einem Schmunzeln – wie gesagt, er war sehr charmant.
Nachdem wir uns gestärkt hatten und wieder Kraft für weitere Treppen und Fußmärsche vorhanden war, liefen wir auf die kleine Insel zwischen Trastevere und dem Rest von Rom, umrundeten sie einmal und genossen den angehenden Sonnenuntergang. Auf die Mauer war dort der Spruch „Ti amo da qui alla fine del mondo, di nuovo qui all’infinito“ (“Ich liebe dich von hier bis zum Ende der Welt, hier aufs Neue bis zur Unendlichkeit“) geschrieben, den wir so schön fanden, dass wir bestimmt fünf Minuten davor standen.
Danach besichtigten wir noch die Kirche St. Bartolomaeo all’ Isola. Sie war etwas kleiner als Santa Maria in Trastevere, aber dadurch konnte man sich einfach auf die Kirchenbank setzen und den Raum auf sich wirken lassen.
Danach stiefelten wir durch lauter kleine römische Gassen – in denen wir einen bezaubernden kleinen Brunnen mit Schildkröten, die Fontana delle Tartarughe, entdeckten – zum Forum Romanum. In der Abenddämmerung warfen wir von außen einen Blick auf die antiken Steine, winkten dann noch dem Colosseo von außen im Dunkeln zu und fuhren anschließend über Termini zurück in das Hotel. Dort verspeisten wir die restlichen Erdbeeren und Oliven vom Vortag, guckten amerikanische Serien und gingen wieder relativ zeitig schlafen.
La pioggia – Oder auch: Kirchenhopping
Noch bevor wir am Sonntag die Fensterläden aufklappten, hörten wir ihn schon: den Regen. Er platschte mal in größeren, mal in kleineren Tropfen vom durch und durch grauen und sehr tiefhängenden römischen Himmel und motivierte uns nicht so richtig, das Hotel zu verlassen.
Doch man ist ja nicht alle Tage in Rom, also raus in das Nass und das Beste daraus machen! Wir beschlossen den Tag mit einer Kirche zu beginnen und steuerten die Basilica Degli Angeli in der Nähe von Termini an. Als wir ankamen wurde allerdings gerade eine Messe gehalten, sodass wir uns spontan für einen Besuch des Museo Nazionale di Roma entschieden. Dort gab es gerade eine Sonderausstellung zu Rodin („Il marmo. La vita“), die zwar klein, aber sehr, sehr fein war. (Abgesehen davon, war schon die Begrüßung der Ticketabreißerin Gold wert: Sie strahlte uns ein freundliches „Salve!“ entgegen.) Zwar stimmten die Nummern an den Skulpturen nicht immer mit den Texten des Audioguide überein, aber immerhin verstand ich das gesprochene Italienisch einigermaßen und erinnerte mich selbst einmal mehr daran, meine Kenntnisse über römische und griechische Mythologie aufzufrischen. Die Skulpturen waren wunderschön. Vor allem „Il Bacio“, „Mani di Amanti“, „Mano di Dio“ und „Il segreto“ hatten es mir angetan. Es übersteigt einfach vollkommen meine Vorstellungskraft, wie jemand einen Marmorblock vor sich haben kann und diesen so bearbeitet, dass sich ein lebensecht aussehendes, sich küssendes Paar oder eben fast lebendig aussehende Hände daraus formen. Ich musste mir schon sehr Mühe geben, meinen Mund nicht immer aufklappen zu lassen.
Anschließend besuchten wir dann die Basilica Santa Maria Degli Angeli, trotzdem noch eine Messe im Gange war. Wir lauschten dann noch dem Chor, der am Ende sang und bestaunten die Größe der Kirche, die trotz reichen Schmuckes nicht sehr protzig wirkte. Durch die Sakristei gehend, konnte man in einen kleinen Hof treten, in dem eine Statue von Galileo Galilei stand. Warum, haben wir nicht herausbekommen, nur dass sie von einem chinesischen Künstler stammt.
Da es draußen immer noch regnete und auch die Temperatur eher zur Frische neigte, besuchten wir anschließend Santa Maria Maggiore, die vor allem durch die prunkvolle goldene Decke beeindruckte.
Obwohl wir langsam wirklich grummelig auf den Regen wurden und meine Füße schon nass wurden, weil in meinen durchgelatschten Schuhen die Sohlen schon leicht durchlässig waren, machten wir uns danach noch auf den Weg zu St. Giovanni in Laterano. Inzwischen war es auch noch windig geworden und wir kamen uns ein wenig wie Pilger der Frühen Neuzeit vor, die vor dem ungemütlichen Wetter in einer Kirche Zuflucht suchen. Endlich drinen angekommen, setzten wir uns mit tropfenden Haaren und kaum noch wachem Kopf erstmal hin und ließen den Raum auf uns wirken. Die eigentlich sehr beeindruckenden Heiligenfiguren schauten wir uns im Detail kaum an, bewunderten dafür umso ausgiebiger den Marmorfußboden. Bei unserem Rundgang durch die Kirche, beobachtete ich ein Mädchen, das vor einer Seitenkapelle ein Selfie von sich schoss. Das fand ich dann doch etwas befremdlich!
Der Hunger trieb uns schließlich mal wieder nach Termini. Dort genehmigten wir uns ein Pizzamenu bei Spizzico und kauften anschließend noch mal Wasser und Knabberzeug. Dabei entdeckte ich zwei Produkte von „kinder“, die es bei uns nicht gibt („Kinder Paradiso“ und „Panecioc“), stellte dann aber später fest, dass das auch kein großer Verlust ist.
Als wir endlich wieder trocken und etwas besser gelaunt gegen 17 Uhr im Hotel saßen, kroch natürlich die Sonne hinter den Wolken hervor und der Regen hörte auf. Trotzdem blieben wir im Hotel und ich beschloss, Texte für Postkarten vorzuschreiben, die ich zu meinem Ärger schon wieder vergessen hatte zu kaufen. Sechzehn kurze Botschaften und eine Dusche später, schliefen wir dann auch schon wieder.
Per Pedes! Oder auch: Haarsträubende barocke Knochendekoration
Nun war es schon Montag und der Tag startete wieder mit einer Kirchenbesichtigung, diesmal besuchten wir Santa Maria della Concezione, eine Kapuzinerkirche in der Via Veneto. Das Besondere ist hier die Krypta, in der die Dekoration im barocken Stil ausschließlich aus Knochen besteht. Diese sind in kunstvollen Ornamenten an Wand und Decke angebracht. Sogar die Laternen bestehen aus Knochen. Mir mutete das etwas befremdlich an. Einerseits fand ich die künstlerische Arbeit und den makabren Charme faszinierend, andererseits sträubten sich mir bei dem Gedanken, dass diese Knochen mal zu lebenden Mönchen gehört hatte, alle Haare im Nacken. Im Souvenirshop hatte ich allerdings wieder ein kleines Erfolgserlebnis, als mich die Verkäuferin beim Kauf einer Textkarte auf Italienisch darauf hinwies, dass ich die deutsche Version gegriffen hätte.
Trotzdem war ich ganz froh, als wir die Krypta wieder verließen und uns die wesentlich ungruseligere Kirche ansahen. Um die Gänsehaut endgültig abzuschütteln, besuchten wir anschließend noch einmal die Fontana di Trevi und warfen diesmal auch eine Münze rein, um unsere erneute Rückkehr nach Rom zu sichern.
Danach besuchten wir das Pantheon (diesmal auch von innen) und ich verrenkte mir fast den Hals vom ständigen an-die-Decke-Starren. Der Effekt mit dem Loch in der Decke ist tatsächlich immer wieder faszinierend: Während man in den irdischen Himmel blickt, hat man gleichzeitig das Gefühl in den überirdischen zu sehen. Für mich immer wieder bewegend.
Trotz der frischeren Temperaturen holten wir uns anschließend ein Eis (lecker, lecker) und flüchteten dann wieder unter die Säulen, weil es anfing wie aus Eimern zu regnen.
Als sich der Regen langsam in Niesel auflöste, machten wir uns auf den Weg zum Vittorio Emanuele Denkmal und schauten uns dort die Ausstellung zum Risorgimento an, die vor sieben Jahren noch kostenlos gwesen war, inzwischen aber 5 € kostete. Auf Grund der Kombination von beeindruckender Architektur und einem wahnsinnig faszinierendem Himmel, wurde das Denkmal zu meinem Fotoobjekt Nummer eins. Ich schoss wie eine Wilde Bilder, bis mein Goldhamster mich etwas genervt zum Weiterlaufen aufforderte.
Weiter ging es also zum Colosseo, das wir uns diesmal bei Tageslicht anguckten – allerdings wieder nur von außen, wir kannten es schließlich beide schon.
Frohen Mutes, aber schon leicht schweren Fußes liefen wir dann am Palatino vorbei, über den Circo Massimo, bis hin zum Bocca della Verità. Da sich vor dem Wahrheismund eine lange Schlange drängelte, verzichteten wir auf ein Foto und sahen uns stattdessen die dazugehörige Kirche Santa Maria in Cosmedin an. Die war im, im Gegensatz zu den anderen Kirchen, die wir uns angesehen hatten, sehr schlicht aufgebaut und verströmte durch ihre weißen Wände und das Holgebälk an der Decke eine sehr freundliche Ruhe.
Anschließend besuchten wir noch mal Trastevere und aßen diesmal sehr viel günstiger. Zwar war die Kellnerin sehr kurz angebunden, aber das Tiramisu schmeckte um Längen besser als die überteuerte Version vom Montag. Als wir uns mit Pizza und Suppe stärkten, begann es wieder in Strömen zu regnen und ich nutzte die Wartezeit, um meine – nun endlich gekauften – Postkarten zumindest mit den Adressen zu beschriften. Dabei stellte ich fest, dass mir noch zwei Karten fehlten, die ich dann später noch nachkaufte – bei einem Verkäufer, der uns „Buon natale“ wünschte. So ein Witzbold.
Da der Regen nicht aufhören wollte, wechselten wir schließlich von Schusters Rappen zu Tram und Bus und kehrten in das Hotel zurück. Dort beschriftete ich nun endlich meine vielen Postkarten, während mein Goldhamster Grey’s Anatomy und Castle guckte.
Der Elefantenobelisk – Oder auch: Überlaufendes Zerbersten
Es war Dienstag und die Besichtigung des Petersdomes stand auf dem Plan. Ohne diese ist ein Rombesuch für mich nur ein halber Besuch, von daher war vor allem ich es, die dem Dom mit Freude entgegenblickte. Bei meinem lieben Goldhamster machte sich hingegen schon langsam ein leichter Kirchenbesichtigungsüberdruss bemerkbar. Dementsprechend hiellt sich ihre Bewunderung in Grenzen, auch wenn sie von der Größe des Doms sichtlich beeindruckt war. Auch mit der Pietà von Michelangelo konnte ich sie nicht wirklich mitreißen, aber das lag wohl mehr an den sich dicht drängenden Menschen, als an der Skulptur. Ihr wurde es dann zu bunt und somit drehte ich alleine noch mal eine Runde durch St. Pietro in Vaticano, der mich jedes Mal so überwältigt, dass ich es nie so richtig fassen kann.
Etwas trunken und ein auch wenig taumelnd traf ich meinen Goldhamster schließlich draußen wieder und kaufte mir gleich noch Briefmarken in der Vatikanischen Post, die auch sogleich auf die Postkarten geklebt wurden. Diese kamen wiederum in den Briefkasten und auch wenn sie bis heute noch nicht in Deutschland angekommen sind, sind sie doch hoffentlich auf dem Weg hierher.
Um der Überwältigung wieder ein wenig weise Ruhe folgen zu lassen, machten wir uns mal wieder auf den Weg zum Pantheon. Kurz davor entdeckten wir Santa Maria sopra Minerva, eine Kirche, die im gotischen Stil über den Ruinen eines altrömischen Minervatempels gebaut wurde. Mich zog in erster Linie der Elefantenobelisk an, der einfach unglaublich niedlich guckt, aber das Innere der Kirche war eine der großen Überraschungen dieses Rombesuches. Da ich meinen lieben Goldhamster nun wirklich nicht mehr überzeugen konnte, sich eine weitere Kirche anzusehen, ging ich alleine hinein und wäre am liebsten sehr lange nicht mehr hinausgetreten. Die Kirche war sehr dunkel, nur durch die bunten rosettenförmigen Fenster schien ein wenig Licht hinein, was dem Raum eine sehr magische Stimmung verlieh. Die Decke war ganz in Blau gehalten und mit Sternen bemalt. Es gab wunderbare Decken- und Wandgemälde und natürlich auch jede Menge goldene Verzierungen, aber die Stimmung war einfach einzigartig. Als Andenken kaufte ich mir ein kleines Heft mit Informationen zu der Kirche und wurde auch hier wieder darauf angesprochen, ob es denn richtig sei, dass ich die deutsche Version gegriffen hätte. Ein seliger Grinsmoment.
Ich nun noch kirchentrunkener, lief dann mit dem Goldhamster um die Ecke zum Pantheon und dort aßen wir an dem Brunnen erst mal ein Eis. Eigentlich muss man schon fast sagen, wir aßen DAS Eis. Nämlich Tartufo und das war ungelogen ein Geschmacksorgasmus. Mamma mia!
Während wir DAS Eis genossen und unseren Gedanken nachhingen, spielten neben uns Straßenmusiker auf Gitarre und Cello den Bolero von Ravel. Perfekter konnte der Moment eigentlich kaum sein. Es war quasi zum Zerbersten schön!
Anschließend beschlossen wir auf Grund des immer noch sehr wechselhaften Wetters das Kapitolmuseum zu besuchen. Die Pinakothek dort war sehr schön, die berühmte Kapitolinische Venus war allerdings etwas enttäuschend. Dafür waren andere Skulpturen wie “Marforio”, ein liegender Flussgott, „Leone che azzanna il cavallo“ oder die Büste des Herkules umso beeindruckender. Die Büste der Medusa war leider gerade im Bode Museum in Berlin, das ich dann bald noch besuchen muss. Außerdem hatte man durch ein großes Fenster einen wunderbaren direkten Blick auf das Forum Romanum.
Anschließend wollten wir uns beide Santa Maria in Aracoeli, eine Kirche neben dem Kapitol ansehen, doch dem Goldhamster war die steile Treppe nicht ganz geheuer, zumal sie von dem ständigen Nieselregen auch etwas glitschig war. Also stieg ich die 124 Stufen der „Himmelsleiter“ alleine hoch und war von der Pracht im Inneren der Kirche doch sehr überrascht. Zahlreiche Kristallkronleuchter schmückten den Kirchenraum und verströmten ein glitzerndes Licht. Unterstützt wurde die feierliche Stimmung, die dadurch entstand, durch eine Gruppe von Betenden, die immer und immer wieder das „Ave Maria“ wiederholten. Somit stellte die Kirche einen würdigen Abschluss meiner Rom-Kirchentour dar, die doch immerhin elf Kirchen umfasste, wenn man das Pantheon mitzählt.
Zum Abschluss des Tages picknickten wir mal wieder auf unserem Hotelbett und gingen dann beseelt schlafen.
„Ciao Bella“ – Oder auch: Blondinen bevorzugt
Der letzte wirkliche Tag in Rom brach an und auch wenn ich das süße Frühstück nun wirklich nicht mehr sehen konnte, erfüllte mich der Gedanke morgen früh schon wieder abreisen zu müssen etwas mit Wehmut.
Doch noch war es ja nicht so weit und somit fuhren wir zum Piazza del Popolo und liefen von dort aus zur Galleria nazionale d’arte moderna. Schon die Eingangshalle war sehr witzig gemacht: Der Boden bestand aus Spiegelglas, das schon einige Risse hatte und somit seltsame Reflektionen von den Besuchern erschuf. Viele der wirklich modernen Kunstwerke entzogen sich zwar meinem Verständnis (eine Leinwand, in die fünf Schlitze eingeritzt sind, also bitte), aber dafür gab es „Die drei Lebensalter der Frau“ (1905) von Gustav Klimt zu sehen, den ich persönlich als Maler sehr mag. Daneben blieben bei mir besonders vier weitere Werke in Erinnerung: „Gli archeologi“ (1969) von Giorgio De Chirico, „Tristezza invernale“ (1884) von Marco Calderini, eine Statue von Cleopatra (1869) von Alfonso Balzico und „Il sole nascente“ (1904) von Giuseppe Pellizza da Volpedo. Gerade das letztere Gemälde hatte eine solche Strahlkraft, das man meinte, der Maler hätte tatsächlich Sonnenlicht zum Malen benutzt.
Als unser Kopf schließlich mit Kunst vollgestopft war, spazierten wir noch ein wenig durch den Park Borghese, genossen auf einer Bank die Halbsonne und landeten schließlich noch einmal auf der Spanischen Treppe, auf der wir wieder eine ganze Weile sitze blieben.
Gegen 15.15 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Piazza Navona, wo wir uns mit meiner Kusine treffen wollten, die mit ihrer Oma auch eine Woche in Rom verbrachte. Als wir uns alle gefunden hatten, suchten wir uns ein kleines Restaurant in der Nähe vom Pantheon und aßen gemütlich Pasta und Pizza. Dabei wurde mal wieder deutlich, wie sehr Italiener auf blonde Haare abfahren, denn während der Rest von uns lediglich ein „Ciao“ zur Begrüßung und zum Abschied bekamen, durfte sie sich als „Bella“ und „Bellissima“ betiteln lassen. Ich hatte auch das Gefühl, dass der junge Kellner nur das Gespräch mit uns suchte und unser gutes Italienisch lobte, weil er mit ihr flirten wollte. Immer wieder sehr amüsant!
Nach dem Essen aßen wir alle noch gemeinsam ein Eis am Pantheon, liefen noch gemeinsam zum Fontana di Trevi und trennten uns dann wieder. Für meine Kusine fing der Romaufenthalt gerade erst an, während ich schon bang dem Ende meiner Reise entgegensah.
Mein lieber Goldhamster und ich kauften am Termini schon mal Tickets für den Shuttlezug nach Fiumicino und kehrten dann in das Hotel zurück, um die Taschen zu packen. Nun dann: Buona notte Roma!
La fine
Nun war es wieder Donnerstag. Der Wecker klingelte um 6 Uhr, die Tram war um diese Zeit tatsächlich mal leer, der Shuttlezug pünktlich und somit kamen wir viel zu früh am Flughafen an. Dort genehmigten wir uns erst mal ein herzhaftes Frühstückchen und dann flogen wir auch schon wieder Richtung Heimat.
So schnell sind die Tage vergangen, gefüllt mit so vielen Eindrücken und minimalen neuen Sprachkenntnissen.
Zurück in Potsdam schien die Welt zunächst etwas verrückt, eine Hälfte von mir saß noch immer am Pantheon, aß Tartufo-Eis und schob sich „Permesso“ murmelnd durch die vielen Menschen in der Metro. Hach, schön war es wieder und es war garantiert nicht der letzte Besuch in der ewigen Stadt. Meiner großen hektischen Sehnsuchtsstadt der erhabenen weisen Ruhe.
– ENDE –
© Ricarda Righetti